My Account Sign Out
My Account
    View Cart

    Subtotal: $

    Checkout
    DomigHero

    Kunstarbeit

    Ein zeitgenössischer Maler über Schaffen, Wert und Sinn der Kunst.

    von Daniel Domig

    Dienstag, 15. Juli 2025
    0 Kommentare
    0 Kommentare
    0 Kommentare
      Abschicken

    Bekannt für seine tiefgründige Auseinandersetzung mit Körper und Beziehung, erhielt der österreichische Künstler Daniel Domig mehrfache Auszeichnungen der internationalen Kunstszene. Seine Werke befinden sich in zahlreichen Sammlungen wie etwa Essl, Leopold, Galerie Taxis Palais und AMC Collezione Coppola. Der österreichische Künstler ist Sohn einer amerikanischen Familientherapeutin und eines österreichischen Bergbauernsohns. Geboren in Kanada, lebt er heute mit seiner Frau und ihren vier Kindern in Wien. Mit Plough-Redakteurin Katharina Thonhauser sprach er über Kunst, Arbeit und in welcher Beziehung sie zueinander stehen.

    Plough: Wolltest du schon als Kind Maler werden, so wie andere Kinder Feuerwehrmann oder Polizist werden wollen?

    Daniel Domig: Ich habe schon als Kind gewusst: Das bin ich. Ich habe nicht gesagt, ich will Maler werden. Ich bekam von einem jungen Studenten zu meinem neunten Geburtstag Farben und Pinsel geschenkt. Er lebte für einige Monate bei uns und war der erste Erwachsene, dem ich begegnet bin, der gemalt hat. Ich kannte das sonst nur von Kindern. Wir hatten in unserem Umfeld keine Künstler, die Vollzeit oder zumindest in der Freizeit irgendwie etwas Künstlerisches gemacht haben.

    Bei mir hat es dann „Klick gemacht“ und von diesem Tag an habe ich einfach gewusst, das mache ich. Schon als Teenager habe ich mich durch die Kunstgeschichte „durchgemalt“. Gemälde, die ich in Büchern gefunden habe, nachgemalt. Ich habe dann sehr schnell auch im Keller ein Atelier gehabt, wo ich arbeiten konnte.

    Also für mich war das nicht ein Endziel, sondern ich sagte mir selbst, dass ich das schon jetzt bin. Diese Naivität und dieses Ideal haben dann auch dazu geführt, dass ich es einfach durchzog. Für bildende Künstler gibt es vor allem jetzt im 21. Jahrhundert sehr wenige Anhaltspunkte, wo man bestätigt bekommt, ob man auf dem richtigen Weg ist oder nicht. In der Musik etwa gibt es noch immer gewisse Standards, Aufnahmsprüfungen, Abschlusskonzerte, etc. In der Bildenden Kunst ist alles freier, deswegen nennt man sie auch manchmal freie Kunst. Das Publikum entscheidet quasi, ob etwas gut ist oder nicht.

    Kannst du von deiner Arbeit leben?

    Es lässt sich davon leben. Es ist natürlich, wie jeder Selbstständige weiß, ein bisschen Lebenskunst nötig. Ein bildender Künstler verdient nur durch den Bildverkauf. Wenn ich international Ausstellungen mache, decken die Galerien die Fixkosten, aber Einkommen habe ich erst ab dem Zeitpunkt, wo tatsächlich ein Werk verkauft wird. Das unterscheidet uns von Musikern, die auf Tour gehen und pro Konzert eine gewisse Gage erhalten.

    Daniel Domig in his studio

    Foto von Daniel Domig. Verwendet mit Genehmigung.

    Ich investiere viel ins Ungewisse, viel Zeit und Organisation für Ausstellungen, viel Geld natürlich in Materialien, die meine Kunst überhaupt erst entstehen lassen. Und dann hofft man, dass irgendwo Menschen genug berührt von meinen Arbeiten sind, dass sie das unterstützen möchten. Das funktioniert bisher ganz gut. Und das ist ein unglaubliches Privileg, weil es einfach für viele Künstler undenkbar ist, nur Kunst zu machen und davon leben zu können.

    Du bekommst also nicht fix am Monatsende ein Gehalt. Wie geht es dir mit dieser Unsicherheit?

    Meine Frau und ich sind beide selbstständig. Sie ist Ehe- und Familientherapeutin. Das ist berechenbarer. Auch wenn sie natürlich nicht garantieren kann, dass nächstes Jahr wieder die Telefone klingeln. Und es gibt meist einmal pro Jahr einen Moment, wo wir ein gewisses Maß an Ausgaben haben, zum Beispiel für das Atelier oder Materialien, ohne noch Einnahmen zu sehen.

    Es gibt bei mir keine Auftragswerke. Es ist wirklich ein sehr reines Arbeiten, frei von „ich mache das, weil ich Geld dafür kriege“. In dieser Reinheit liegt natürlich auch die Herausforderung. Wie legitimiert man diese ganzen Stunden, die man da sitzt und steht und etwas macht, wonach keiner gefragt hat, keiner gesagt hat, er wird es kaufen? Daraus ergibt sich ein ganz spezielles Verhältnis zur künstlerischen Arbeit, weil es eben keinen anderen Motor dafür gibt außer dem Dialog mit dem Material selbst und natürlich die Resonanz, die man daraus zieht.

    Ist das überhaupt Arbeit: Kunst, Malen?

    Kommt drauf an, was man unter Arbeit versteht. Ich glaube, das ist ein Begriff wie Liebe und Gott, den wir zwangsläufig auffüllen mit unseren Erfahrungen. Ich glaube, für manche Menschen ist der Begriff Arbeit nicht positiv besetzt: das muss halt gemacht werden, damit ich Sachen kaufen und machen kann, die ich will. Also ich muss Montag bis Freitag in die Arbeit, damit ich mein eigenes Leben am Wochenende habe. Ich hatte das Glück, dass meine Eltern auch schon selbstständig waren, nicht künstlerisch, sondern in der Ehe- und Familienberatung. Und mein Vater hat zudem auch viel gebastelt und repariert und eine Werkstatt gehabt. Ich habe vor allem in meinem Vater ein Vorbild gehabt. Er war ein Mensch, der jede Tätigkeit mit einer gewissen Liebe und Hingabe machte. Es war immer ein Verständnis da, Arbeit ist in erster Linie deswegen gut, weil sie sich einem Rohmaterial widmet und versucht, dieses Rohmaterial liebevoll zu formen, um daraus etwas Sinnvolleres zu gestalten, als was es vorher war.

    Cloak

    Daniel Domig, Cloak, Öl auf Leinwand, 2024. Alle Werke von Daniel Domig. Verwendet mit Genehmigung.

    Arbeit, wenn sie positiv ist, ist immer etwas, was sich in Richtung Gewinn bringend und Fruchtbarkeit und Wachstum im positiven Sinn bewegt. Arbeit ist ein Sich-bewusst-Machen der Problemstellung, des Rohmaterials, mit dem ich es hier zu tun habe, und wie kann ich dazu beitragen, so dass im Endeffekt eine Form von Verbesserung stattgefunden hat.

    Umgelegt auf die Kunst, welchen Wert haben deine Arbeit, deine Bilder?

    Als Christ sehe ich mein Verhältnis zu Arbeit als eine Antwort auf die Realität, dass ich Geschöpf bin in einer Schöpfung und dass ich quasi Co-Kreator bin in einem Prozess der Heilung, des Ganzmachens, des Veränderns, des Transformierens hin auf positivere Formen der jeweiligen Sache. Die Schwierigkeit, heutzutage darüber zu reden, kommt daher, dass wir gewohnt sind, zu fragen: Was bringt das denn? Dahinter steht ja meistens eine stark kommerziell-kapitalistisch orientierte Frage: Kann ich mir davon etwas kaufen? Weil für uns Geld die ultimative Waffe gegen die Schwierigkeiten des Lebens wurde.

    Es ist spannend hineinzuschauen, wie Kunst im Dialog zu dieser Frage der Funktionalität steht. Kunst sticht ja immer im besten Fall dort rein, wo die Gesellschaft einen Schleier darüber gelegt hat und sagt, das passt ja eh alles und das wird alles super. Dieses Sichtbarmachen von Bruchstellen ist der erste Schritt in Richtung echter und nicht oberflächlicher Heilung. Dort funktioniert Kunst und meine Arbeit gut, nicht wenn sie angenommen wird im System als Produkt, das Tausende Euro wert ist, sondern dort, wo sie etwas Irritierendes schafft, wo Kunst es schafft zu verunsichern, vor allem in Dingen, die unsere Gesellschaft gerne einfach vertuschen oder ignorieren würde.

    Wie würdest du deine Bilder oder deine Kunst beschreiben?

    Es sind prozessorientierte Malereien. Das heißt, dass es in den Bildern keine Bildidee gibt, die vorher existiert und die man dann umsetzt. Das überrascht viele Menschen, weil man natürlich denkt, ein bildender Künstler hat doch meistens eine Aussage oder eine Idee und dann nützt er sein Medium dazu, das auszudrücken. Bei mir hat der malerische Prozess ein reflexives Moment eingebaut: Es ist quasi ein Vertrauen, dass das Werk in Dialog tritt mit anderen in meiner Umgebung, mit der Gesellschaft, weil sie auf etwas blicken, was von einem Mitmenschen gemacht wurde. Und so ist es eigentlich auch ein Mitteilen, also ein Teilen dieser Erfahrung, die ich mache als Mensch.

    Thematisch geht es immer um Beziehung. Großteils die zwischenmenschliche Beziehung. Es sind Figuren, die selber noch im Wachsen sind, die ausschauen, als fehlt da noch was oder vor allem – wie ich es am schönsten finde – als komme da noch was. Also geben sie das Gefühl, dass die Arbeiten auch manchmal gar nicht fertig gemalt sind, was natürlich technisch auch richtig ist, denn jeder Abschluss einer Malerei ist ja nur eine individuelle Entscheidung des Malers, das abzuschließen.

    Ein anderer Maler hätte vielleicht früher abgeschlossen oder später abgeschlossen und jeder Abschluss ist auch nur temporär, solange man nicht weitermalt. Wenn ich aus dem Atelier gehe, bleiben die Arbeiten dort stehen, wo ich aufgehört habe zu malen. Wenn ich am nächsten Tag zurück komme, gibt es eine gegenseitige Fragestellung.

    Das Bild fragt mich und ich frage das Bild, ob es noch weiter machen will. In diesem Prozess sehe ich eine sehr schöne Spiegelung meiner christlichen Überzeugungen, wie wir eingeladen sind, auf unsere Mitmenschen, aber auch ganz besonders auf uns selbst zu blicken: nicht als abgeschlossene Wesen, die sagen, weil du diese Entscheidungen getroffen hast oder jene Sachen gemacht hast in deinem Leben, bist du jetzt so und bleibst so. Die gute Nachricht des Evangeliums ist ja die Einladung in eine radikale Veränderung auf Ewigkeit.

    Therapeutics

    Daniel Domig, Therapeutics, Öl auf Leinwand, 2023

    Ein Saulus wird Paulus, aber selbst ein Paulus ist in diesem Prozess noch drinnen. Jeder von uns, der eine Form von positiver Veränderung erlebt hat, weiß, dass man noch immer Mensch ist und fragt, warum ist aber jetzt wieder Krise in diesem anderen Bereich? Wir müssen nicht Gottes Treue infrage stellen, weil nicht alles super ist in unserem Leben, oder? Es ist eine Reise und wir sind eingeladen, mitzugehen.

    Und das sind Themen, die ganz stark in den Bildern auftauchen. Es ist eine Ablehnung der Statik in unserem Menschsein und in unseren Beziehungen und die Hoffnung in dieser Dynamik und diesem ständigen Wachstum und der Transformation.

    Ist es schwer, dich von einem Bild zu trennen, wenn du es verkaufst?

    Schwer ist es nicht. Tendenziell gebe ich die Bilder nur in die Ausstellungen, wenn ich mit der Arbeit abgeschlossen habe. Also wenn ich nichts mehr hinzufügen kann. Und das ist natürlich die Hoffnung im Reifungsprozess des Malens, dass man ein zunehmend feines Gefühl dafür hat, wie wenig die Arbeit eigentlich von einem selbst braucht.

    Wie schaut ein Arbeitstag bei dir aus?

    Ich habe vier Kinder. Für einen Künstler stehe ich also sehr früh auf. Und ich habe ein Atelier, also einen fixen Arbeitsplatz. Die schwierigste Hürde ist, alles andere zu erledigen, damit ich möglichst viel Zeit regelmäßig im Atelier verbringen kann.Jeder Tag strukturiert sich ein bisschen anders, aber in erster Linie ist es ein Freischaufeln von den Dingen, die anstehen: E-Mails schreiben, verpacken, ins Bauhaus fahren, .… Die eigentliche künstlerische Arbeit fängt dann an, wenn es nichts mehr zu tun gibt.

    Man könnte denken: Passt das Malen nicht auch auf die ToDo-Liste? Aber ich muss die einen Aspekte der Arbeit, die praktischen und logistischen, machen, damit ich frei bin, in eine Position zu kommen, wo ich eigentlich nichts mehr machen muss, wo jetzt einfach entstehen darf.

    Aus diesem Kultivieren der Zeit, wie ich mit der Zeit umgehe, wie ich mich abgrenze von anderen Bedürfnissen, daraus wächst die künstlerische Arbeit eigentlich von alleine.

    Das ist ein Spiegelbild des Gärtners: ein Gärtner kann ja eigentlich nur Bedingungen für Wachstum schaffen, er kann selber nichts wachsen lassen. Wir hatten mal ein Urban Gardening Projekt, unsere Hauptarbeit war eigentlich immer, die Erde fruchtbar zu halten, immer wieder ein bisschen umzugraben, darauf zu achten, dass nicht zu viele Steine und genug Feuchtigkeit da sind.

    Und dann hat man einfach nur warten müssen. Die Sonne machte mit den paar eingesetzten Samen die ganze Arbeit. Ähnlich wie ein Gärtner selten Lob bekommt für die fruchtbare Erde, die er präpariert hat, sondern fast immer nur für die Rosen, die im Garten gewachsen sind, so ist mein Verhältnis zu meinen Werken. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich da was produziert habe. Ich bin einfach dem Ruf gefolgt, mich immer wieder in eine Haltung der Empfängnis zu begeben, wo ich frei war von anderen Tätigkeiten, um still zu werden und hinzuhören und hinzusehen, was hier entstehen will. Das ist natürlich ein Sonderaspekt der künstlerischen Arbeit, weil es ja fast eine Nicht-Arbeit ist. Es ist eher ein In-Beziehung-Sein mit einer Realität, die sehr besonders ist.

    Was ist der Wert von deiner Kunst für die Gesellschaft?

    Es ist die Einladung für Menschen, sich in dieselbe Position der Empfängnis zu bringen. Die Frage könnte man ganz ähnlich stellen über Gebet.

    Es gab ja früher auch professionelle Beter. Da könnte man fragen, was bringt das denn? Und dann müsste man die Frage stellen, geben wir Gott mit dem Gebet irgendeine Information, die er nicht schon hat? Ein Grund, ein Fundament von Gebet ist sicher, dass wir in Beziehung sind und im Gebet ganz speziell eine Beziehung zelebrieren mit einem lebendigen Gott, der immer anwesend ist und mit dem wir in irgendeiner Weise immer in Kommunikation und Austausch sind. Aber wir zelebrieren es in diesem Moment auf eine ganz besondere Art, wenn wir innehalten, ruhig werden, manchmal die Augen schließen, manchmal die Augen offen lassen, manchmal die Hände falten.

    Paul Klee sagte einmal, glaube ich, dass es bei Kunst nicht darum gehe, etwas abzubilden, das man sieht, sondern überhaupt erst zu sehen. Die Begegnung mit Malerei endet nicht, wenn du aus dem Museum gehst, sondern es fängt eigentlich dort an, dass du rausgehst aus dem Museum und auf einmal siehst du die Spiegelung in einem Fenster anders. Der Rotton im Himmel fällt jetzt zum ersten Mal wirklich auf. Oder du kommst aus dem Konzertsaal und du hörst, wie viele Vögel eigentlich zwitschern. Da hat dann etwas Wurzeln geschlagen oder ist ein Samen gesetzt worden durch die Kunst, der wachsen wird in jedem Bereich deines Lebens.

    Wer oder was definiert, wie viel ein Bild wert ist?

    Das funktioniert wie bei jedem anderen Marktplatz. Ich glaube, seit Bitcoin haben wir die Bestätigung, dass Menschen bereit sind, völlig fiktiven Dingen einen Wert zu geben, solange es die Möglichkeit gibt, dass man sich daran bereichern kann.

    Es macht mich unglaublich traurig, dass Kunst auch zum Riesenmarkt geworden ist, wo es oft um absurde Summen geht, wo, glaube ich, auch sehr viel Geld gewaschen wird.

    Painting

    Daniel Domig, Tired of One's Toil, Öl auf Leinen, 2016

    Ich würde mir einen Kunst- und Kulturkreis wünschen, wo Künstler anders versorgt werden, sodass sie nicht gezwungen sind, Teil des Marktes zu sein. Die Erfahrung von Kunst ist nicht kaufbar. Das Besitzen eines Kunstwerkes garantiert noch keine Erfahrung. Das ist, glaube ich, ganz wichtig.

    Aber natürlich, es gibt einen Kunstmarkt. Und in einer gewissen Art und Weise hänge ich mit drinnen, weil ich mit Galerien zusammenarbeite, die auch Kunst kaufen. Weil meine Arbeit so stark beziehungsorientiert ist, konnte ich Freundschaften mit Menschen beginnen, die meine Arbeit kauften, ohne mich zu kennen und dann in Beziehung getreten sind mit mir.

    Das war eine sehr heilsame Erfahrung. Trotz dieses korrupten und verrückten Kunstmarkts sind am Ende sowohl Verkäufer als auch Käufer immer Menschen. Und Menschen sind, meiner Erfahrung nach, immer auf der Suche nach Vertiefung ihrer Beziehungen, nach Freundschaften, nach echtem Austausch mit anderen.

    Wie sehen deine Kinder deine Arbeit?

    Sie sind, weil sie es ja gar nicht anders kennen, in einer gesunden Art und Weise desinteressiert. Am Anfang habe ich mir damit ein bisschen schwer getan. Ich dachte, sollte das nicht anders sein? Sollten meine Kinder nicht mehr Zeit im Atelier verbringen und mitmalen, so ein bisschen kreativ, wie in der Waldorfschule? Dann bin ich draufgekommen, das ist ja bei vielen anderen auch so, dass Eltern ihre Arbeit machen, versuchen, diese möglichst gut abzuschließen, damit sie nach Hause kommen können, um ihre Elternrolle zu erfüllen.

    Schlagwort Work-Life-Balance, ist das schwer für dich als Künstler?

    Ja, das ist sehr herausfordernd und ich habe schon öfter Angst, dass ich am Ende sagen muss, ich war eigentlich weder ein wirklich guter Maler noch ein wirklich guter Vater, weil ich versucht habe, beides zu vereinen. Ich hoffe auf viel Vergebung meiner Kinder, dass sie diese Spannung, die ich versucht habe zu halten, trotzdem irgendwo wertschätzen.

    Ich bin auch schon bereit, viele Gespräche zu führen, wo ich um Vergebung bitten muss, aber das ist schon ein Aspekt, der sehr schwer ist. Gleichzeitig habe ich es auch geschafft, diese Spannung und diese Unsicherheit und diese Verzweiflung, die man dann spürt in diesem Hin- und Hergerissen-Sein, eben auch zu verarbeiten in den Arbeiten. Es ist kein Zufall, dass, seit wir Kinder haben, immer mehr Köpfe und Arme und Füße in meinen Arbeiten aufgetaucht sind.

    Ich glaube, dass Menschen, die sich gerade selber hin- und hergerissen fühlen, und mit Kindern, Ehepartner, Job und vielleicht krankem Elternteil und über die Welt verteilter Verwandtschaft das Gefühl haben, ihr Körper ist verteilt und zerstückelt in der ganzen Welt, sich durch meine Arbeiten verstanden fühlen können. Die Figuren darin müssen sich alle ausstrecken und sind verknotet. Und trotz dieses Chaos' in den Malereien ist eine unglaubliche Schönheit hineingewoben in diese Verstrickungen, sodass man erkennen kann, ja, das ist unangenehm, aber die Alternativen wären alle schlechter. 

    Von Daniel Domig Daniel Domig

    Bekannt für seine tiefgründige Auseinandersetzung mit Körper und Beziehung, erhielt der österreichische Künstler Daniel Domig mehrfache Auszeichnungen der internationalen Kunstszene.

    Mehr lesen
    0 Kommentare