Subtotal: $
Checkout
Die Ent-Zauberung
Wenn der Aberglaube die Magie verliert.
von Joy Marie Clarkson
Donnerstag, 11. Dezember 2025
Verfügbare Sprachen: English
Nächster Artikel:
In seinem kürzlich erschienenen Buch Living in Wonder (2024) erzählt Rod Dreher die Geschichte von Nino, „einem soliden, konservativen jungen Mann mit kurz geschnittenem Haar und Adlernase“, dem als Teenager bei einer Autofahrt im ländlichen New England ein UFO begegnete. Laut Nino folgte auf diesen Vorfall mehr als ein Jahrzehnt lang telepathische Kommunikation mit außerirdischen Wesen und regelmäßige beunruhigende Erscheinungen. Auf Drehers Rat hin begann Nino, sich nach einem Exorzisten umzusehen, versicherte Dreher jedoch, dass ihn diese Erfahrung, unabhängig von den Absichten der Wesen, Jesus näher gebracht habe. Dreher verwendet Ninos außerirdische Abenteuer um seine Leser aufzufordern, „unsere Augen für die Realität der Welt der Geister und ihre Wechselwirkung mit der Materie zu öffnen“. Dies, so suggeriert er, wird uns helfen, „dem dunklen Wald der Spätmoderne mit seinem Tod, seiner Depression und seinem Nihilismus zu entkommen und unseren Weg zurück auf den geraden Pfad zu finden“.
Der dunkle Wald der Spätmoderne ist entzaubert, und um seinem Nihilismus zu entkommen, müssen wir die Welt wieder verzaubern. So behaupten es zumindest zahlreiche aktuelle Bücher.
Vorgehende Seiten: Das Einhorn in Gefangenschaft, von den Unicorn Tapestries, Wollkettfäden mit Seide, Silber und vergoldeten Schussfäden, Brüssel, 1495 and 1505. Darstellungen von WikiMedia Commons (public domain),Schenkung von John D. Rockefeller Jr., 1937.
Wenn Ihnen Drehers wilde Lagerfeuergeschichten und Anspielungen auf die Vorzüge der östlichen Orthodoxie zu viel sind, finden Sie ähnliche Appelle auch bei seriöseren und säkulareren Autoren. Die Bestsellerautorin Katherine May schreibt in Enchantment (2023): „Könnte es eine andere Art zu leben geben – eine, die sich sinnvoller anfühlt, die mehr in dem Boden unter unseren Füßen verwurzelt ist? Eine, die ermöglicht, uns verbundener, ausgeruhter und entspannter zu fühlen, selbst wenn sich auf unserem Planeten gewaltige Veränderungen vollziehen?“
Diese und viele weitere Bücher – ganz zu schweigen von Podcasts, Konferenzen, Artikeln und Gesellschaften – diagnostizieren eine Krise der spirituellen Unruhe und Leere und verschreiben als Gegenmittel die Wiederverzauberung. Die Prämisse, die all diesen Werken zugrunde liegt, ist, dass die moderne Welt entzaubert ist, dass diese Entzauberung ein Problem darstellt und dass die Lösung für dieses Problem darin besteht, die Verzauberung wiederherzustellen oder neu zu erfinden. Ich bin jedoch zunehmend skeptisch, ob dies tatsächlich der Fall ist. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob wir immer wissen, was wir meinen, wenn wir das Wort Entzauberung verwenden..
Die Geschichte der Entzauberung
Das Wort „Entzauberung“ wurde durch den deutschen Soziologen Max Weber in seinem Buch Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus (1904) bekannt gemacht. Weber verwendet den Ausdruck „Entzauberung der Welt“, um den Wandel der Weltanschauung vom Mittelalter zur Moderne zu beschreiben. Weber geht davon aus, dass das Mittelalter durch eine magische Sensibilität geprägt war, sowohl im Sinne religiöser Sakramentalität (der Priester, der den Wein wie durch Zauberei in Blut verwandelt) als auch im Sinne des mittelalterlichen kulturellen Milieus und seines allgegenwärtigen Glaubens an beseelte spirituelle Kräfte (Engel, Dämonen, Feen, usw.). Im Gegensatz dazu sei die Moderne „entzaubert“, im Wesentlichen säkular und auf Rationalität und Effizienz ausgerichtet.Das Wort wurde von Theoretikern wie Max Horkheimer und Theodor W. Adorno übernommen, die ihre Dialektik der Aufklärung (1947) mit dieser Behauptung begannen: „Das Programm der Aufklärung war die Entzauberung der Welt.“ Die meisten Bücher, die eine Wiederverzauberung fordern, orientieren sich jedoch nicht in erster Linie an Webers trockenen soziologischen Überlegungen oder den radikalen Visionen der Väter der Frankfurter Schule (aus deren Vermächtnis die gefürchtete Kritische Theorie hervorging), sondern an Charles Taylors Darstellung der Entzauberung in A Secular Age (2007).
Wichtig an Taylors Beschreibung der Merkmale der Entzauberung – immanente Ordnung, gepufferter Individualismus, Instrumentalisierung der Natur, säkulare Zeit – ist, dass sie zu einer „Frage der Erfahrung“ werden. Er beschreibt diesen Erfahrungsstandpunkt als „immanenten Rahmen“: eine Sichtweise, die die Möglichkeit von allem, was über das Greifbare und Quantifizierbare hinausgeht, ausklammert. Dieser „autarke Erfahrungsbereich“ hat einige charakteristische Dimensionen: eine veränderte Beziehung zur natürlichen Welt, einen Rückgang der religiösen Orientierung und Praxis sowie die Verinnerlichung von Bedeutung. Diese Punkte sind es wert, etwas näher beleuchtet zu werden, um zu verstehen, was den Menschen verloren gegangen zu sein scheint.
Laut Taylors Darstellung werden, wenn Entzauberung zu einer „Frage der Erfahrung“ wird, die Funktionsweisen der natürlichen Welt ohne Bezugnahme auf Gott erforscht und erklärt. Dies wird manchmal als Auslassung der formalen und finalen Ursache Aristoteles' bezeichnet. Das Ergebnis dieser Haltung gegenüber dem Erwerb von Wissen ist, dass die materielle Welt allmählich als eine komplexe und sich selbst erhaltende Maschine verstanden wird. Dies schließt die Möglichkeit der Existenz Gottes nicht unbedingt aus – und tatsächlich kommen viele der frühen Naturforscher zu dem Schluss, dass die Komplexität der natürlichen Welt von Gottes Handwerkskunst zeugt –, aber die Art und Weise, wie man sich der natürlichen Welt nähert, impliziert nicht mehr unbedingt Gottes Existenz oder verspricht denjenigen, die sie studieren, etwas über Gott zu offenbaren. Erfahrungsgemäß bedeutet dies, dass der moderne Mensch die Welt nicht mehr als sich entfaltende Gotteserscheinung erlebt, sondern als in sich geschlossene und sich selbst erhaltende Maschine; Gott mag die Maschine geschaffen haben, aber die Maschine kann für sich allein verstanden werden.
Versuche, sich zu verzaubern, sind untrennbar mit dem Kapitalismus verflochten und der Kapitalismus selbst ist in der heutigen säkularen Welt zu einer Quelle der Verzauberung geworden.
In dieser Darstellung der Moderne geht der Rückgang der Verzauberung mit einem Rückgang der Religiosität einher. In einem Essay für Modern Theology aus dem Jahr 2009 stellt Patrick Sherry fest, dass Weber, der sich selbst als „religiös absolut unmusikalisch“ bezeichnete, die Entzauberung nicht als „anti-religiös“ ansah, „obwohl sie zum Zusammenbruch einiger Formen traditioneller Religion beitrug“. So wie Gott aus der natürlichen Welt abgeleitet werden konnte, aber nicht unbedingt mit ihr verbunden war, konnte religiöser Glaube in der modernen Perspektive existieren, war aber keine Selbstverständlichkeit.
Eng verbunden mit der veränderten Beziehung zur Natur und dem Rückgang der Religiosität ist die Verinnerlichung von Bedeutung und das Auftauchen (oder vielmehr der Rückzug nach innen) des Individuums. Taylor schreibt, dass für moderne Menschen „die Tiefen, die zuvor im Kosmos, der verzauberten Welt zu finden waren, nun ohne Weiteres im Inneren zu finden sind“. Das Individuum sieht sich zunehmend als abgeschottet und getrennt von der Welt und den Menschen außerhalb seiner selbst und erlebt nicht mehr das Gefühl der Einheit zwischen der inneren und der äußeren Welt. Taylor schreibt von „dem Akteur, der keine Dämonen, Geister oder magischen Kräfte mehr fürchtet, der von der sozialen Welt losgelöst ist und in seinem privaten Schloss eine Art geistige Unverletzlichkeit genießt“. Was einst spirituelle Kämpfe oder Errungenschaften waren, wird nun als psychologisch interpretiert.
Die Welt, so scheint es, konnte nicht lange entzaubert bleiben. James K. A. Smith fasst Taylor zusammen und schreibt: „Kaum ist Unglaube eine Option, beginnen Ungläubige zu zweifeln – das heißt, sie beginnen sich zu fragen, ob es nicht noch etwas ‚Mehr‘ gibt. Sie machen sich Sorgen um die Gestalt einer Welt, die durch Entzauberung so verflacht ist.“
Anstelle der alten Verzauberungen haben sich diffuse und subtile Wiederverzauberungen in andere Bereiche des heutigen Lebens eingeschlichen. Wissenschaftler wie Christopher Partridge in The Re-Enchantment of the West (2005–2006) und Graham Ward in True Religion (2002) beobachteten, wie scheinbar säkulare Menschen begannen, sich in ein Netz pseudoreligiöser Rituale und Praktiken zu vertiefen, von der Goth-Ästhetik über Yoga bis hin zur Hexerei.
In jüngerer Zeit beschreibt Tara Isabella Burton in Strange Rites (2020), wie Menschen, die sich nach Verzauberung und religiösen Ritualen sehnen, diese außerhalb der institutionellen Religion finden, indem sie sich ihr eigenes „maßgeschneidertes religiöses Selbst“ schaffen, das von Sportgemeinschaften bis hin zu Fan-Websites für Fantasy-Literatur reicht. Burton deutet an, dass der Konsum dabei eine wichtige Rolle spielt, dass die Menschen „nicht nur neue Religionen aufbauen“, sondern „sie kaufen“. Burton und andere stellen fest, dass Versuche, sich zu verzaubern, untrennbar mit dem Kapitalismus verflochten sind und dass der Kapitalismus selbst in der heutigen säkularen Welt zu einer Quelle der Verzauberung oder sogar religiöser Inbrunst geworden ist.
Das Einhorn springt über einen Bach, von den Unicorn Tapestries. WikiMedia Commons (public domain).
Der Impuls, die Welt wieder zu verzaubern, scheint ein wesentlicher Bestandteil der Entzauberung selbst zu sein. Der Akt der Wiederverzauberung setzt Entzauberung voraus; man kann nichts wieder verzaubern, was nicht entzaubert ist. Und so ist der Impuls zur Wiederverzauberung selbst Ausdruck einer entzauberten Weltanschauung. Es liegt eine gewisse Ironie in der Tatsache, dass viele Versuche, die Welt wieder zu verzaubern, zu einer noch tiefer verwurzelten Entzauberung führen. Eines der Hauptelemente von Taylors „immanentem Rahmen“ ist eine habgierige Haltung gegenüber der natürlichen Welt als etwas, das außerhalb von mir und von mir getrennt ist und das ich für praktische, finanzielle und sogar spirituelle Zwecke nutzen kann. Verzauberung ist in dieser Sichtweise das Ergebnis eines „durchlässigen Selbst“, das nicht von der Welt abgeschottet ist, sondern von ihr beeinflusst und bewegt wird. Als „Erfahrungswert“ ist Verzauberung etwas Selbstverständliches und Natürliches. Der verzauberte Mensch versteht sich selbst nicht als verzaubert; nach Taylors Definition würde ihn das entzaubern. Versuche, die Welt wieder zu verzaubern, verstärken diese Entfremdung von der Natur. Indem wir versuchen, die Welt wieder zu verzaubern, unterstreichen wir das Gefühl der Distanz zwischen uns selbst (denen, die die Wiederverzauberung vornehmen) und der Welt (die verzaubert werden soll). Indem wir uns in die Haltung eines Kunden versetzen, der von der Welt Verzauberung als spirituellen Trost in einer erschöpfenden Zeit verlangt, oder sogar in die eines Zauberers, der sie wieder verzaubert, schreiben wir der Welt die Entfremdung ein, der wir zu entkommen suchen.
Natürlich scheint dieser Ansatz auch ein Missverständnis der Entzauberung mit sich zu bringen. Taylor stellt klar, dass Entzauberung sich auf die Erfahrung der Menschen mit der Welt bezieht, nicht auf die Welt selbst. Allein diese Tatsache sollte zum Nachdenken anregen. Als ob mit dem Aufkommen der Moderne mythische Wesen ausgestorben wären, als ob Francis Bacon selbst das Märchenland zerstört hätte. Wenn Bacons Ansatz tatsächlich einige mythische Wesen ausgelöscht hat, dann vor allem dadurch, dass er falsche Vorstellungen von Naturphänomenen durch präzisere Erkenntnisse ersetzt hat: statt Ausdünstungen Krankheitskeime, statt Körpersäfte ein besseres Verständnis der inneren Vorgänge im menschlichen Körper.
Sehr oft entspringt der Impuls zur Wiederverzauberung einem Gefühl der Nostalgie, das mit einer Haltung der Klage einhergeht – als ob die Welt heute viel schlechter wäre als früher. Auch wenn einige Aspekte der wissenschaftlichen Revolution zu einem Gefühl der Entfremdung von der Natur geführt haben mögen, hat sie doch auch zu einer Welt geführt, in der die Mehrheit der Kinder nicht mehr im Säuglingsalter stirbt und nur noch wenige Mütter bei der Geburt sterben, zu der Entwicklung lebensrettender Medikamente für Krankheiten, die früher tödlich gewesen wären, zu einer Welt, in der weniger Menschen an Infektionskrankheiten sterben. Damit sollen die gravierenden Gefahren, die die wissenschaftliche Revolution mit sich gebracht haben mag (ökologischer und anderer Art), nicht verschwiegen werden. Wie Owen Barfield jedoch sagt: „Welche Sünden auch immer die Entzauberung auf sich geladen haben mag, wir verdanken ihr bis heute unsere Unabhängigkeit, einen Großteil unserer Sicherheit, unsere psychische Integrität und vielleicht sogar unsere Existenz als Individuen.“
Der christliche Exodus aus der Magie
All dies ignoriert jedoch eine einfachere Frage: Was ist, wenn die Entzauberung tatsächlich zu einer klareren Sicht auf die Realität geführt hat? Wir mögen nostalgisch auf eine Zeit zurückblicken, in der wir eine verzauberte Sicht auf die Welt hatten und vielleicht glauben, dass diese Zeit einfacher oder emotional befriedigender war, aber was ist, wenn diese Sichtweise falsch ist? Ein Vorposten von Aberglauben? Wünschen wir uns Verzauberung auf Kosten der Realität?
Was in diesen Diskussionen manchmal vergessen wird, ist, dass das Christentum selbst eine treibende Kraft der Entzauberung war. Die Räumung der klassischen Vorstellungswelt von ihren vielen bunten Göttern, um Platz zu schaffen für diesen einen, inkarnierten, dreieinigen Gott. Die Wirkung, die das Christentum allmählich in der klassischen Welt hatte, war eine Aufhebung ihrer düsteren und rachsüchtigen Aberglauben. Wir mögen uns nach den Verzauberungen des mittelalterlichen Europas sehnen, aber sie verblassen im Vergleich zu den Verzauberungen des Pantheons und der Volksreligionen, die die soziale Vorstellungswelt der Kulturen durchdrangen, in denen das Christentum geboren wurde. Im Neuen Testament wird die christliche Gemeinde eindringlich aufgefordert, tief verwurzelte Aberglauben aufzugeben, von denen viele weitaus düsterer sind als es sich unser sentimentales Verlangen nach Zauber vorstellen kann. Der Brief an die Epheser fordert sie auf, „nicht mehr zu leben wie die Heiden in der Sinnlosigkeit ihres Denkens ... in ihrer Einsicht verfinstert und vom Leben Gottes getrennt“ (Eph 4,17–18).
Diese Appelle leugnen nicht die übernatürliche Welt, sondern versuchen, den Reiz des Aberglaubens zu entkräften und die Christen dazu einzuladen, ihre Aufmerksamkeit stattdessen auf Christus zu richten. Schließlich ist nicht jede Verzauberung harmlos; es gibt sowohl Dämonen als auch Engel. Auf der Suche nach Verzauberung verwechseln wir Aberglauben mit Realität und das Dämonische mit dem Göttlichen.
Wenn uns die weit verbreiteten Forderungen nach einer Wiederverzauberung etwas sagen, dann dass die Menschen in der heutigen Welt ein Gefühl der Leere und des spirituellen Hungers verspüren. Eine Wiederverzauberung mag wie die Antwort auf diesen Hunger erscheinen, aber bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass sie zu eben dieser Leere beiträgt. Wir können unseren Durst nach spirituellen Dingen nicht stillen, indem wir unsere Wünsche auf die natürliche Welt projizieren. Menschen etwas anzubieten, das vielleicht Realität ist oder auch nicht, wird ihren aufrichtigen spirituellen Hunger nicht stillen. Und es besteht eine reale Gefahr, wenn wir Verzauberung um der Verzauberung willen suchen, nämlich die Gefahr, dass wir über eine Magie stolpern, die wir nicht kontrollieren können. Bei dem Versuch zu verzaubern könnten wir selbst verzaubert werden.
Letztendlich ist die Welt nicht entzaubert. Welche Bedeutung und spirituelle Kraft auch immer in der Welt vorhanden war, sie ist immer noch da. Nur die Qualität unserer Aufmerksamkeit hat sich verändert. Auf der Suche nach einem sinnvollen Leben in einer spirituell verarmten Zeit sollten wir nicht nach den Zauberkünsten der Magier Ägyptens suchen, sondern nach der Feuersäule, die uns aus der Dunkelheit ins Gelobte Land führt.