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    Versöhnung auf der Donau

    Ein Tag der gelebten Einheit auf einem Schiff.

    von Martin Kugler

    Dienstag, 14. Oktober 2025
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    Am 19. Mai fand eine außergewöhnliche Zusammenkunft statt, die den Beginn eines neuen Kapitels in der europäischen Einigkeit und Versöhnung markieren könnte. An Bord eines Schiffes, das von Bratislava nach Wien die Donau hinauffuhr, versammelten sich 200 Persönlichkeiten aus 25 Nationen – viele davon aus Mittel- und Osteuropa – nicht etwa, um über Politik oder Strategien zu sprechen, sondern um zu beten, um Vergebung zu erbitten und selbst zu vergeben. Es war ein beispielloser Moment internationalen Miteinanders, getragen von Demut und Glauben.

    Initiiert wurde das Ereignis von der österreichischen Nationalratsabgeordneten Dr. Gudrun Kugler, die den Tag als "Momentum voller Segen“ beschrieb – und womöglich als einen neuen Anfang. „Wir glauben an die Kraft der Versöhnung, besonders wenn sie aufrichtig ausgesprochen und in Demut vor Gott vollzogen wird. Unsere Länder brauchen dringend seinen Segen – das kann ein bedeutender Neubeginn sein“, so Kugler. Und weiter: „Ich glaube, im Gebet spielt es eine Rolle, wer wo betet – wenn Politiker, die heute Verantwortung tragen, an Orten des Leids wie dem ehemaligen Eisernen Vorhang gemeinsam beten und um Frieden bitten, dann hat das eine ganz besondere Kraft.“

    Versöhnung auf der Donau

    Foto von Martin Kugler. Verwendet mit Genehmigung.

    Zu den Mitorganisatoren zählten unter anderem der ehemalige slowakische Premierminister Eduard Heger und Alojz Peterle, der erste Ministerpräsident des unabhängigen Slowenien. Gemeinsam mit vielen weiteren politischen Persönlichkeiten bekannten sie sich zur Verantwortung für das Unrecht ihrer eigenen Nationen – und vergaben zugleich jenen, die ihren Ländern Schaden zugefügt hatten.

    Die Atmosphäre an Bord war – so berichten viele – zutiefst bewegend. Teilnehmer sprachen von einem Wendepunkt in ihrem Leben: „Es war der erstaunlichste Tag meines Lebens“, „Es gibt ein Davor und ein Danach“, „Das ist der Anfang von etwas ganz Großem“, „Historisch!“. Andere sprachen vom stärksten Gebetsfrühstück, das sie je erlebt hätten. Viele beschrieben ein spürbares Gefühl der göttlichen Gegenwart, das sie den ganzen Tag über begleitet habe.

    Im Mittelpunkt stand auch die Stärkung Mitteleuropas. Politiker aus zehn Ländern teilten ihre Sichtweisen – ein lebendiger und vielfältiger Austausch. Es herrschte breite Einigkeit über zentrale Themen: die Stärkung von Familien als Antwort auf die demografische Krise; ein vertieftes Verständnis von Freiheit und Demokratie im Lichte der oft leidvollen Geschichte Mitteleuropas; die Erneuerung gemeinsamer Werte und Ideale sowie der Brückenbau – auch zu jenen, mit denen man nicht übereinstimmt.

    Die Veranstaltung zeigte die Kraft der sogenannten „Track-2-Diplomatie“ – also informelle, geistig geprägte Begegnungen, die Vertrauen schaffen und Kooperation ermöglichen. Die Gebetsfrühstücksbewegung bietet hier ein bewährtes Modell, bei dem Glauben und politische Verantwortung nicht im Widerspruch stehen, sondern sich gegenseitig bereichern.

    Vergebung war dabei nicht nur Thema, sondern gelebte Realität. Eine der bewegendsten Geschichten kam von einer albanischen Frau, deren Ehemann in einer Blutrache ermordet wurde. Sie und ihre Kinder vergaben dem Täter – ein Moment des Innehaltens, den allen Teilnehmern tief unter die Haut ging. Ein Zeugnis dafür, dass Frieden dort beginnt, wo Menschen bereit sind, loszulassen und neu zu beginnen.

    Auch Stimmen aus anderen Teilen der Welt bereicherten den Tag. Der frühere Gouverneur von Kansas und Religionsfreiheitsbeauftragte Sam Brownback sprach ebenso wie der indigene amerikanische Leiter Negiel BigPond. Beide berichteten von der offiziellen Entschuldigung der USA an die indigenen Völker und dem gemeinsamen Weg der Versöhnung. Ihre Erfahrungen waren ein kraftvoller Impuls – auch für europäische Länder, die noch mit ungelösten historischen Lasten ringen.

    Am Ende des Tages wurde eine Resolution verabschiedet: „Building a Community of Dignity“ – „Eine Gemeinschaft der Würde bauen“. Sie bringt die Botschaft des Tages auf den Punkt: dass Würde, Demut und Glaube gesellschaftliche Veränderung ermöglichen – nicht nur im Individuum, sondern in ganzen Nationen.

    Der Tag auf der Donau war damit weit mehr als eine symbolische Reise. Er war gelebte Einheit – ein Vorgeschmack darauf, wie Europa (und die Welt) aussehen kann, wenn Menschen sich für Versöhnung statt Vergeltung, für Dialog statt Spaltung, für Heilung statt Hass entscheiden. Vielleicht war es ein Neubeginn – nicht nur für die Anwesenden, sondern für eine ganze Region, die nun neu nach Frieden greift.

    Von Martin Kugler

    Martin Kugler studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Kommunikation und ist promovierter Historiker.

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