Subtotal: $
Checkout-
Eine Kirche in Zeiten des Kriegs
-
God’s Grandeur
-
Hilfe vor Ort
-
Gerhard Lohfink: Gelebte Gemeinschaft
-
Ein Bruderhof entsteht
-
Peter Waldo
-
Leserreaktionen
-
Die künstliche Drüse
-
Von Rollen und dem Scrollen
-
Computer können nicht rechnen
-
Verteidigung des Menschen
-
Vater hinter Gitter
-
Apokalypse der Maschinen
-
Die Handy-Garage
-
Der Bau zu Babel
-
Schickt uns euren Überschuss
-
Herr oder Sklave?
-
Wenn Computer predigen
Warum ich meine Uni liebe
An der Washington University in St. Louis, Missouri, wächst eine ungewöhnliche Gemeinschaft.
von John Inazu
Dienstag, 3. Dezember 2024
Verfügbare Sprachen: English
Nächster Artikel:
Entdecken Sie andere Artikel:
Während meiner akademischen Laufbahn stellte ich mir oft die Frage, wie Christen in nichtreligiösen Hochschulen und Universitäten bestehen können. Vor fünf Jahren gründete ich das Carver-Projekt, ein Missionsprojekt an der Washington University in St. Louis, Missouri. Wir bemühen uns dabei, Universität, Kirche und Gesellschaft zu dienen und sie zu verbinden. Dabei integrieren wir auch die Ziele der Universität in Bezug auf Interdisziplinarität, studentisches Engagement und Beziehungen zwischen Stadt und Land zu unterstützen. Es ist nicht einfach, Anreize für Zusammenarbeit über Fachbereichsgrenzen hinweg zu schaffen – Fakultäten sind oft geografisch isoliert, Lehrpläne variieren und Lehrkräfte sind damit ausgelastet, die Beziehungen zu ihren eigenen Kollegen zu pflegen. Die Interdisziplinarität des Carver-Projekts wurzelt in der Freundschaft. Bei gemeinsamen Mahlzeiten und Gesprächen lernen wir die Begabungen und Interessen des jeweils anderen kennen. Aus diesen Beziehungen erwachsen Kooperationen, wie der Kurs über „Law, Race, and Design“, den ich zusammen mit der Grafikdesignerin Penina Laker unterrichte, oder der Kurs über „Markets and Morality“, der von Peter Boumgarden von der Wirtschaftsfakultät und Abram Van Engen von der Englischabteilung gehalten wird. Andere Kooperationen wie Podiumsdiskussionen oder öffentlichen Veranstaltungen bringen Lehrkräften aus verschiedenen Fachbereichen zusammen.
Wir fördern das Engagement der Studenten durch Literaturrunden. Jeden Monat treffen sich bei mir zu Hause ein paar Jurastudenten, um zu essen, zu trinken und über ein Buch zu diskutieren, das die Themen Christentum und Recht behandelt. Im Hörsaal unterrichte ich Recht. Bei mir zu Hause bringe ich den Studenten bei, warum dieses so wichtig ist. Viele Dozenten des Carver-Projekts veranstalten ähnliche Gruppen in den Bereichen Kunst, Medizin, Wirtschaft, Englisch und anderen Fächern. Wir versuchen, eine besondere Gemeinschaft zu fördern, die die Studenten ganzheitlicher anspricht, als es in einem säkularen Hörsaal möglich ist.
Schließlich trägt das Carver-Projekt dazu bei, die sprichwörtliche Mauer zwischen dem Campus und den umliegenden Gemeinden abzubauen. Unsere Fakultätsmitglieder sind sowohl in der Universität als auch in ihrer örtlichen Kirche voll eingebunden. Beide Institutionen liegen uns sehr am Herzen und wir denken, dass eine Partnerschaft dieser beiden der ganzen Gemeinschaft zugute kommt. Jedes Mal, wenn unsere Dozenten in den örtlichen Kirchen sprechen oder zu Veranstaltungen auf dem Campus einladen, stärken wir diese Partnerschaft.
Das Carver-Projekt ist keine Geheimmission, welche die Washington University übernehmen möchte. Vielmehr wollen wir eine treue Präsenz in der Universität sein, die mit ihr zusammenarbeitet. Durch diese Arbeit durften meine Fakultätskollegen und ich drei wichtige Erkenntnisse für den Aufbau einer Gemeinschaft christlicher Lehrkräfte an einer nichtchristlichen Universität gewinnen: 1) Sprache und Kultur der Universität erlernen, 2) zusammen ar-beiten und 3) Risiken eingehen.
Erlernen von Sprache und Kultur: Vor Jahren arbeitete ich als Freiwilliger bei der christlichen Organisation Young Life. Eines der Mantras dort lautet: „Verdiene dir das Recht, gehört zu werden“. Unsere Dozenten verbrachten ihre akademische Laufbahn damit, sich das Recht zu verdienen, gehört zu werden. Sie gehören zu den führenden Experten auf ihrem Gebiet, sie sind fürsorgliche und kompetente Lehrer und sie dienen der Universität auf vielfältige Weise. Unser Projekt hat Erfolg, weil wir uns die Zeit genommen haben, die Sprache und Kultur der Universität zu erlernen – ihre geschriebenen und ungeschriebenen Normen, ihre Eigenheiten, ihre Anforderungen und ihre Schwächen. Anstatt mit Angst auf ungewohnte oder sogar abschreckende Regeln zu reagieren, lernten wir, uns in ihnen zurechtzufinden. Das macht unsere Erfahrungen nicht frei von Schmerz oder Enttäuschung. Aber es ermöglicht, dass wir in einem Umfeld gedeihen können, das nicht immer mit unseren Werten oder unserem Wohlbefinden übereinstimmt.
Zusammen arbeiten: Ich wollte die Orga-nisation von Anfang an nur gemeinsam mit anderen leiten. Vor zwei Jahren hat mein Freund und Kollege Abram Van Engen meine Nachfolge als Geschäftsführer angetreten. Er führt nicht so, wie ich führte, und er trifft manchmal Entscheidungen, die ich nicht treffen würde. Aber genau das ist der Punkt. Der beste Weg, ein Eitelkeitsprojekt zu vermeiden, besteht darin, die Führung, die Vision und die Kontrolle zu verteilen. Ich freue mich, Teil einer Organisation zu sein, die Abram leitet, und ich freue mich darauf, weiterhin gemeinsam großartige Arbeit zu leisten.
Risiken eingehen: Universitätslehrkräfte haben viele verschiedene Aufgaben und Verantwortlichkeiten, aber wir profitieren auch von einer Fülle von Ressourcen und Kündigungsschutz. Beim Aufbau des Carver-Projekts waren wir bestrebt Risiken einzugehen, die unsere Zeit, unsere Geld und unsere Reputation betrafen. Die letzten fünf Jahre waren viel schwieriger, als ich erwartet hatte – Risiken verwandelten sich in Kosten, insbesondere wenn es um Zeit geht. Und ich bin nicht der Einzige, der Opfer gebracht hat: Allie und Kelly, zwei Jurastudentinnen, die die Organisation gemeinsam mit mir aufgebaut haben; die Studenten, die ihnen folgten; unsere Fakultätsstipendiaten, die Programme ent- wickelten; mein Kollege Abram, der die Leitung übernahm; unsere Geschäftsführerin Shelley; so viele andere Mitarbeiter, Vorstandsmitglieder und Spender. Jeder von ihnen ging Risiken ein und brachte Opfer.
Es besteht die Hoffnung, dass wir gemeinsam etwas aufgebaut haben, das uns weit überdauern wird. Es ist Teil des Risikos nicht immer zu wissen, wie die eigene Arbeit angenommen wird. Aber selbst in den Wirren des Anfangs, die unsere ersten fünf gemeinsamen Jahre kennzeichnen, eröffnete sich uns ein Blick auf etwas weit Größeres, als wir es uns hätten wünschen oder vorstellen können. Ich hoffe, dass mehr Christen das Gute in der nichtchristlichen Hochschulbildung erkennen werden, anstatt sich auf ihre Gefahren und Unvollkommenheiten zu fixieren. Diese Institutionen werden sich nie wie Heimat anfühlen: Die Tage, in denen christliche Mottos im Mittelpunkt von Elite-Colleges standen, sind vorbei. Viele Eliteschulen können ihren Daseinszweck überhaupt nicht mehr benennen. Sie sind reich, mächtig und größtenteils antriebslos. Aber wenn Christen sich darauf einlassen, ein Teil von ihnen zu sein – indem sie ihre Sprache und Kultur lernen, indem sie sich gemeinsam an die Arbeit machen und indem sie Risiken eingehen – kann der Herr erstaunliche Dinge tun.