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    Wir sterben - und leben doch

    Erinnerungen an Richard Scott

    von Chris Zimmerman

    Donnerstag, 1. September 2011
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    Richard Scott wurde 1949 in England in einer unserer Gemeinschaften geboren. Seit 1987 diente er seinen Brüdern und Schwestern als Seelsorger. Im Jahr 2001 wurde er dann zum „Ältesten“, d.h. zum hauptverantwortlichen Pastor, für unsere Gemeinschaftsbewegung berufen und versah dieses Amt, unterstützt von seiner Frau Kathy, bis zu seinem Tod im Februar 2011.

    Sein größtes Vermächtnis an unsere Gemeinschaft ist wohl die Bescheidenheit, mit der er innere Verantwortung und Führung ausgelebt hat. Die Unbefangenheit und Anspruchslosigkeit, mit der er sein Amt als Ältester versah und seine Unwilligkeit, als Person in den Mittelpunkt gerückt zu werden, unterstreichen, wozu er immer wieder aufrief: „Wir wollen uns nicht gegenseitig loben, sondern lasst uns Gott allein loben!“

    Gerade auch in seinem Sterben hat Richard uns ein besonderes Vermächtnis hinterlassen. Nachdem er letzten Sommer in seiner Wahlheimat im US-Staat New York mit Krebs diagnostiziert wurde, begann er seine Krankheit zu bekämpfen, indem er intensiver als je zuvor lebte. In den letzten sechs Monaten seines Lebens unternahm er im Auftrag der Gemeinschaft Reisen in den USA und nach England , sprach vor unzähligen Zuhörern und war bis zu seinem letzten Tag als Seelsorger tätig, egal ob es sich um erwachsene Mitglieder der Gemeinde, um Teenager oder um Nachbarn handelte. Sie alle schätzten seine Fähigkeit einfach zuzuhören genauso wie die nüchterne, vorsichtige Weise in der er Rat anbot.

    Noch bedeutsamer war allerdings, wie er damit Frieden schloss, dass er von Dezember an praktisch im Sterben lag und wie seine Ansichten von diesem Annehmen geprägt wurden. Es war aber kein leichter Weg, sondern es kostete einen harten inneren Kampf.

    In dieser Zeit hat er keine beherrschte Fassade aufgesetzt und sich auch nicht ins Private zurückgezogen. Er vergeistigte auch nicht seinen Kampf mit der Krankheit. Stattdessen entschied er sich, ehrlich und ungeschützt seine Zweifel und Ängste mit der ganzen Gemeinschaft zu teilen. So konnten ihn Menschen in aller Welt innerlich durch diese letzten Wochen begleiten und sich gleichzeitig von dem spürbaren Erleben der Ewigkeit anrühren und verändern lassen.

    In Richards letzten Wochen fühlten sich viele von uns an die Erzählungen aus der Zeit der Todes von Else von Hollander erinnert. Sie war eines der Gründungsmitglieder unserer Gemeinschaftsbewegung und starb 1932 an Tuberkulose. Ihr langes Sterben war ein markantes Erlebnis für die kleine Gemeinschaft damals, und ihr Schwager, Eberhard Arnold, hat diese Eindrücke für die Nachwelt festgehalten. Sowohl in Elses als nun auch in Richards Sterben haben die Schilderungen der Begegnung mit einer anderen Welt uns alle zum Innehalten geführt. Sie sind in unseren Alltag hereingebrochen, und haben uns aus aller Kleinlichkeit heraus zur Besinnung gezwungen.

    Eberhard Arnold schrieb damals:

    Es ist etwas ganz Eigenartiges, dass im Tode eine solche Glaubenshaltung offenbar werden kann, die nicht an die eigene Seligkeit denkt. Die sich vielmehr selbst hingibt in etwas Größeres, dass die Sache Gottes offenbar wird.
    ...dass man zuerst und zuletzt nach dem Reiche Gottes trachten sollte, das wurde hier in sehr seltener Weise offenbar, so dass die Sterbende oft sagen musste: ‚Die Kräfte der Ewigkeit sind ganz nahe! ... Ich bin genau so ein schwacher Mensch wie ihr alle, darin hat sich nichts geändert; aber die Nähe Christi ist so sehr viel stärker als es sonst der Fall war. Dadurch bin ich dem hiesigen Geschehen ganz ferngerückt, bin ganz nahe bei dem dortigen Geschehen; und doch wieder bin ich dem hiesigen Geschehen ganz nahe.
    ...Es ging alles zusammen mit einem gewaltigen Ostererlebnis des Todes und der Auferstehung, des Sterbens und Auferstehens, einer letzten Reinigung von allem Eigenen und einer letzten Hineinführung in alles Überpersönliche und wahrhaft Göttliche, an das wir uns hingeben dürfen in der völligen Befreiung von uns selbst und unserem eignen Wesen: dass wir wahrhaft Kinder werden und einig werden mit der oberen Gemeinde der kindlichen Geister.
    So ist es uns geschehen, dass die Himmel uns geöffnet wurden und dass wir das Himmelreich, das Reich der so jenseitigen, scheinbar weltentrückten Welt Gottes ganz nahe bei uns erlebten, dass die Botschaft: „Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen, tut Busse und glaubt an das Evangelium“ uns Wirklichkeit wurde...
    Der Himmel tat sich auf und wie zu uns das Licht der Ewigkeit und die Kraft des ewigen Lebens dringt, dass die Grenzen des Todes gewichen sind, dass das Leben offenbar wird als das wahrhaftige und unendliche Leben.
    Aus dieser Erfahrung wenden wir uns dann an die Welt, indem wir nicht uns selbst zu bringen haben, sondern das, was aus der anderen Welt in der Zukunft hereinkommen wird als das Reich Gottes.

    Richard Scott
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